Kurzchronik

 

Um das Jahr 1000 legten deutsche Einwanderer das Dorf am westlichen Ufer der Weißen Elster an. Kaiser Heinrich II. schenkte den an der Via Regia gelegenen Ort 1021 dem Bistum Merseburg. Noch nach der Reformation, bis 1815 gehörte das Dorf Merseburger Stiftsgebiet, dann wurde es unter die Verwaltung der Amtshauptmannschaft Leipzig gestellt.

Als Rittersitz ist Lindenau seit 1182 belegt, als in einer Urkunde ein Ritter Dietrich von Lindenau (Didericus de Lindinouve) genannt wird. Die Brüder Sigismund und Caspar von Lindenau verkauften Rittersitz und Dorf 1527 an den Leipziger Rat und das Geschlecht derer von Lindenau verlegte seinen Stammsitz nach Machern. Schon vor der Reformation hatte Lindenau eine Pfarrkirche, die Gemeinde wurde aber 1562 als Filiale dem Pfarrer von Leutzsch unterstellt. Dabei blieb es für mehr als 300 Jahre. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Lindenau ein Bauerndorf. Neben Ackerbau und Viehzucht war aber Fischerei an den Flussläufen und in künstlich angelegten Teichen eine wichtige Lebensgrundlage der Einwohner.

Während des Dreißjährigen Krieges wurde Lindenau 1631, 1637 und 1642 geplündert und zerstört. Im Verlauf der Leipziger Völkerschlacht fanden auch vor Lindenau Gefechte statt. Auf seinem Rückzug weilte Kaiser Napoleon am 19. Oktober 1813 kurzzeitig in der Lindenauer Mühle.

Durch die neue sächsische Landgemeindeordnung wurde Lindenau 1839 eine selbstständige Gemeinde. 1859 bekam der Ort ein Postamt und 1863 eine Gasanstalt. Der Unternehmer Karl Heine erwarb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgedehnten Grundbesitz in und um Lindenau und ließ dort Bauland erschließen. Wie im benachbarten Plagwitz wurden Straßen für künftige Wohn- und Industriebebauung angelegt. Heine begann auch mit dem Bau des heute nach ihm benannten Kanals und er handelte mit den Regierungen Preußens und Sachsens Gleisanschlussverträge aus, damit das geplante Industriegebiet Verbindungen zu den Eisenbahnen beider Länder bekommen konnte. Zusammen mit der Einführung der Gewerbefreiheit 1860 wurden so die Grundlagen für die schnelle industrielle Entwicklung Lindenaus gelegt.

1871 siedelte sich als erstes größeres Unternehmen eine Eisengießerei an. Ein Jahr später wurde die Pferdebahnlinie nach Plagwitz eröffnet, die ab 1896 elektrifiziert wurde. 1873 wurde der auch für Lindenau wichtige Bahnhof Plagwitz in Betrieb genommen. Karl Heine ließ vom Bahnhof aus für 37 Fabriken Industrieanschlüsse bauen. 1884 wurde die neue evangelische Nathanaelkirche in der Nähe des Lindenauer Markts eingeweiht. Einige Jahre zuvor war die Lindenauer Kirchgemeinde wieder selbstständig geworden.

1891 erfolgte die Eingemeindung Lindenaus nach Leipzig. Im Ort waren nun schon 66 Betriebe mit über 3.000 Beschäftigten ansässig. In den folgenden beiden Jahrzehnten wurde in Lindenau viel gebaut, es kamen zahlreiche neue Straßen mit Wohnhäusern und Fabriken hinzu und die Einwohnerzahl stieg weiter an. Zwischen 1893 und 1898 wurden die Lindenauer Ratswiesen am Kuhturm zu einem Landschaftsgarten, dem Palmengarten, umgestaltet. Namengebend war das große Palmenhaus, eine Stahl- und Glakonstruktion.

Von 1907 bis 1910 wurde die Philippuskirche erbaut, so dass Lindenau nun zwei evangelische Gemeinden hatte. 1908 wurde die katholische Liebfrauenkirche eingeweiht. 1912 ließ eine Brauerei den Festsaal bauen, der heute als Musikalische Komödie genutzt wird. 1925 wurde der Straßenbahnhof an der Angerbrücke errichtet.

1938 begann der Bau des Kanalhafens. Damit sollte über den ebenfalls noch nicht fertiggestellten Elster-Saale-Kanal Leipzigs Verbindung an die deutschen Wasserstraßen hergestellt werden. Die von den Nazis als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durchgeführten Bauarbeiten wurden jedoch im Verlauf des Krieges eingestellt und danach nicht mehr aufgenommen. Die Nationalsozialisten ließen 1939 das Palmenhaus und den alten Kuhturm niederreißen, weil sie das Gelände des Palmengartens für ein Ausstellungsprojekt nutzen wollten. Auch dazu kam es wegen des Krieges nicht mehr. Seit der Zerstörung des Neuen Theaters 1944 bis zur Eröffnung des Leipziger Opernhauses 1960 spielte die Oper im Lindenauer Haus Dreilinden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stagnierte Lindenau für Jahrzehnte in seiner Entwicklung. Es wurde kaum neu gebaut und das Erscheinungsbild des Stadtteils änderte sich nur durch den fortschreitenden Verfall und den Abriss einzelner Gebäude. Die Bevölkerung nahm stetig ab. Dieser Trend setzte sich auch nach 1989 noch fort. Bereits 1957, als die Leipziger Stadtbezirke gebildet worden waren, ist Lindenau administrativ geteilt worden. 1993 wurden Teile Lindenaus zum Sanierungsgebiet erklärt.

Quelle: www.wikipedia.org
Literatur:
Petra Oelschlaeger: Leipziger Vororte: Lindenau. In: Leipziger Blätter. Heft 11, 1988.
Thomas Nabert: Bilder aus der Geschichte von Lindenau. Hrsg. von der Ev.-Luth. Nathanaelgemeinde. Leipzig 2003, ISBN 3-936508-97-6.
Michael Schweßinger: In darkest Leipzig. Von den seltsamen Sitten und Gebräuchen der Lindenauer. Leipzig 2006, ISBN 978-3-939398-33-2. (Belletristik)
Einzelnachweise:
1. Vgl. dazu im Detail: Ortsteil Lindenau im Leipzig-Lexikon
2. Digitales Historisches Ortsverzeichnis von Sachsen und Statistisches Jahrbuch des Königreichs Sachsen Jahrgang 1900 bzw. der Stadt Leipzig 1925
3. Artikel zum 120‐jährigen Jubiläum der Nathanaelkirche in der Leipziger Internetzeitung LIZ
4. Hans-Joachim Hädicke: Von der Viehweide zum Landschaftsgarten. Die Geschichte des Palmengartens beginnt mit der Internationalen Jubiläumsgartenbauausstellung 1893. In: Leipziger Blätter. Heft 37, 2000, S. 40–45.