725 Jahre
Schönefeld 1270 - 1995 "Festschrift"
Historischer Überblick über die Entstehung von Schönefeld
Schönefeld liegt an der
Parthe und über Jahrhunderte hinweg hat der heute eher unscheinbare Fluss die
Geschichte des damaligen Dorfes wesentlich mitbestimmt. Die Parthe führte damals
oft größere Wassermengen mit sich, die infolge des geringen Gefälles nur schwer
Abfluss fanden. So entwickelten sich die Auenwiesen immer wieder zu ungangbaren
Sümpfen, die nicht nur durch den üblen Geruch Probleme bereiteten. Auf dem
Gelände, das vom Hochwasser nicht erreicht werden konnte, entstand die erste
Siedlung. Die Kirche nahm dabei die höchste Erhebung am Partheufer ein. Hier
befand sich auch die einzige Stelle, wo die Möglichkeit bestand, den Fluss zu
überqueren, da die Bodenerhebung bis dicht an das Ufer heranreichte.
Die einzige Parthenfurt
Schönefelds hatte ihren Platz an der ehemaligen Wassermühle in der Nähe der
jetzigen Volbedingstraße. Ein kleiner Wassergraben, der auch das Regenwasser von
der östlichen Feldflur aufnahm, verlief in der Bautzner Straße in Richtung der
heutigen Ossietzkystraße. Das Wasser floss anschließend durch die
Robert-Blum-Straße und mündete in die Parthe. Beiderseits des Wasserlaufs befand
sich der mit Gebüsch und einigen Bäumen durchsetzte Dorfanger. Die Flur
erstreckte sich damals bis an die Leipziger Altstadt. Am Rande des Dorfangers
befanden sich Bauerngüter. Sie standen zuerst im Bereich des westlichen Teils
der Ossietzkystraße und an der Robert-Blum-Straße. Später erfolgte die
Ausdehnung des Dorfkerns in östliche Richtung, wobei aus alten Flurkarten
hervorgeht, daß das Gelände ab der Ossietzkystraße 24 bis zur Nummer 2 bis zum
17. Jahrhundert noch völlig unbebaut war. In alten Kaufverträgen lassen
Bezeichnungen wie "auf der sogenannten Burgk" Vermutungen zu, daß dort in grauen
Vorzeiten eine Burg gestanden hat. Die Bezeichnung "Zur Burg" der bis vor kurzem
an der Ecke Schmidt-Rühl-Straße existierenden Gaststätte deutete auf den
ehemaligen Standort. War die Parthe bestimmend für die Entstehung des Ortes, so
verhinderte sie andererseits über längere Zeit eine verkehrsmäßige Erschließung.
Da nur ein Parthenübergang vorhanden war, verliefen die wichtigen Handelsstraßen
nach Düben und Torgau trotz Umwegen weit an Schönefeld vorbei. Dies betraf
später auch die Linienführung der damals bedeutenden Eisenbahnlinie nach Taucha
und Eilenburg. Dieser Umstand führt dazu, daß der Schönefelder Bahnhof 2 km vom
Ort entfernt angelegt wurde und für das Dorf eigentlich nie größere Bedeutung
erlangte. Die geschilderte negative Verkehrslage war auch die Ursache für die
Entwicklung Schönefelds zum fast reinen Wohnvorort ohne größere industrielle
Ansiedlung. Aus diesem Grunde blieb das Dorf bis ins späte 19. Jahrhundert ein
von der Landwirtschaft geprägter Ort ohne größere Betriebe. Erst dann entstanden
einige industrielle Unternehmen wie die Ploßche Stearinfabrik, die
Wachstuchfabrik von Dimpfel, ein Teerprodukte herstellender Betrieb, eine kleine
Ziegelei, die Konservenfabrik und die bekannte Druckfarbenfirma "Berger und
Wirth".
Kurzer geschichtlicher Abriss von der
Ersterwähnung 1270 bis zur Eingemeindung 1915
In welchem Jahre Schönefeld exakt
gegründet wurde, kann mit absoluter Gewissheit keiner mehr sagen. Die speziellen
Unterlagen gingen mitsamt des damaligen Ortsarchivs in den Wirren des
Dreißigjährigen Krieges verloren. Ein beim Sächsischen Staatsarchiv Leipzig
vorliegendes Schreiben über die erste urkundliche Erwähnung von Schönefeld trägt
das Datum 17. März 1270. Wie aus dem Schreiben der urkundlichen Erwähnung
hervorgeht, wird als erster Besitzer des markgräflichen Dorfes Schonenuelt Hoyer
von Friedeberg genannt. Am 16. November 1404 belehnte Georg Albrecht von Colditz
den Ratsmann Thümmel mit dem Dorfe Schönefeld, welches dann über 3 1/2
Jahrhunderte im Besitze der Familie blieb. Durch die Schlesischen Kriege kamen
die Thümmels in Geldnöte und verkauften das Dorf an eine Familie Zeumer.
Anschließend wechselte Schönefeld innerhalb von 40 Jahren sechsmal den Besitzer:
Dr. J. Chr. Schmidt, Dr. J. Fr. Schmidt, Prof. Wenck, J. B. Zschackwitz, C. W.
von Einsiedel und J. U. Schneider hießen die Eigentümer. Nach Schneiders Tod
1815 wurde Marianne Schneider Alleinerbin seines Vermögens. 1849 ging Schönefeld
dann in den Besitz der Tochter Hedwig Schneider über. Im Jahre 1900 starb sie
als letzte Alleinbesitzerin des Ortes. Sie ist in der Pyramide neben der
heutigen Gedächtniskirche beigesetzt.
Die Schreibweise des Ortsnamens hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur
geringfügig geändert:
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1270: Schonenuelt
-
1307: Schoninvelt
-
1335: Schenwelt
-
1580: Schonefeld
-
1632: Schönefeld
Die Entwicklung Schönefelds vom Dorf zum
Wohnvorort kann aus der Entwicklung der Einwohnerzahlen deutlich abgelesen
werden:
-
1551: 300 Personen
-
1834: 889 Personen
-
1890: 4333 Personen
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1913: 20445 Personen
-
1933: 24726 Personen
Durch die fehlende
Industrialisierung standen große Teile der Schönefelder Flur für die Schaffung
von Wohnraum zur Verfügung. So entstanden besonders im Bereich Dimpfelstraße
noch vor der Jahrhundertwende erste viergeschossige Wohnhäuser. Später wurde die
Taubestraße und die jetzige Gorkistraße bis zum Stannebeinplatz bebaut. Auf dem
Gelände östlich der Gorkistraße zwischen Kohlweg und Waldbaurstraße wurden ab
1905 vom Vorläufer der jetzigen Baugenossenschaft mehrere Häuserblocks mit über
1680 Wohnungen geschaffen. Nach dem 1. Weltkrieg entstand zwischen Lindenallee,
Paul-Heyse-Straße, Heink- und Klara-Wieck-Straße ein größeres Wohngebiet.
Besonders erwähnenswert ist die Tatsache, daß die damaligen Siedlungen Anger,
Crottendorf, Reudnitz, Stüntz, Sellerhausen, Volkmarsdorf und Abtnaundorf wegen
fehlender Kirchen zur Parochie Schönefeld gehörten. Als diese Gemeinden (außer
Abtnaundorf) in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts eigene Kirchen
erhielten, wurden sie nach 1889 nach Leipzig eingemeindet. In dieser Zeit wurde
auch über die Einverleibung Schönefelds verhandelt. Durch die vom
Bezirksausschuss der Amtshauptmannschaft Leipzig geforderte hohe Entschädigung
erfolgte die Eingemeindung erst am 15. Februar 1915.
Schönefeld heute
Schönefeld ist eine Insel - Mitten in Leipzig.
Andere Stadtteile gehen fast nahtlos ineinander über und nur ausgewiesene
Verwaltungsprofis kennen überhaupt Anfang und Ende. Schönefelds Umgrenzungen
dagegen sind klar und fast überall sind sie grün. Fast ein Drittel aller Flächen
sind Auenwiesen, Waldreste, Park, Reste ehemaliger Landwirtschaft und 2000
Kleingärten.
Schickt man Fremde aus den vier Himmelsrichtungen jeweils ein paar Schritte in
den Stadtteil hinein und befragt sie dann nach Ihren Eindrücken, wird jeder von
ihnen scheinbar aus einer völlig anderen Welt zurückgekehrt sein:
Der Besucher aus dem Norden wird meinen, Schönefeld sei eine grüne Villengegend
mit einem kleinem Flüsschen, Pferden und uralten Kastanien. Der Gast aus dem
Osten wird den Kopf schütteln und behaupten, Schönefeld sei doch eines dieser
DDR-Plattenbaugebiete. Jede Menge WBS-70-Platten und dazu einige
Punkthochhäuser. Der von Süden Einreisende wird heftig widersprechend vor allen
von dichten Gründerzeithäusern berichten. Der etwa vom Westen Kommende
schließlich wird sie alle belächeln. Schönefeld wird er sagen, ist doch im
Grunde wie ein kleines Dorf. Ein Dorf mitten in Leipzig - mit echtem Schloß,
imposanten Rathaus und schöner Kirche. Ja was denn nun? Villengegend?
Plattenbaugebiet? Gründerzeitviertel? Dorf? Nun, Schönefeld ist jedes einzelne
davon und jedoch alles zusammen. Schönefeld ist ein Stadtteil mit erstaunlicher
Vielfalt.
Diese Vielfalt kommt jedoch erst seit der Wende 1989 wieder richtig zur Geltung.
Denn seit dieser Zeit wurde von privaten Leuten, der Stadt Leipzig und von
Firmen viel investiert. So entstanden neue Straßen (Adenauer-Allee als
Schnellumfahrung von Schönefeld), sehr viele Straßen wurden saniert oder
umgebaut (Ossietzkystraße), sehr viele Wohnhäuser sind saniert, das
Gewerbegebiet Nord-Ost wurde gebaut und hat viele Firmen angelockt. Dank der
vielen privaten Initiativen der Hauseigentümer wurden sehr, sehr viele
Wohnhäuser gerettet und strahlen nun in ihrem alten Glanz wieder. In der
Gorkistraße - der Verbindungsstraße zur Innenstadt - finden Sie heute selten ein
leeres Geschäft mehr. Und so gibt es noch viel mehr zu berichten, am Besten
gehen Sie mit offenen Augen durch Schönefeld und sehen Sie die Veränderungen.
Selbst das fast marode Schloß Schönefeld samt Park wurde aufwendig saniert.
Dabei hat sich - Dank der Bewerbung Leipzigs für die Olympiade 2012 und der
Fußball-WM 2006 - auch in den letzten Jahren in Schönefeld viel getan. So wurden
zahlreiche nicht erhaltungsfähige Wohnhäuser und Plattenbau-Hochhäuser
abgerissen um diese Schandflecke zu beseitigen. Manchen hat dies auch weh getan,
aber wenn zu DDR-Zeiten an den Wohnhäusern nichts getan wurde, hilft manchmal
nur ein Abriß. So jedoch ist Platz für mehr grüne Flächen oder neue Häuser.
Statistisch gesehen hat Schönefeld heute (Daten 1998) eine Flächengröße von ca.
6,3 Quadratkilometer. 1998 lebten 22.495 Einwohner in Schönefeld, davon 10.621
männliche Einwohner und 11.874 weibliche Einwohner. Dies entspricht einen
Einwohnerdichte von 3.571 Einwohner pro Quadratkilometer (wobei Leipzig
insgesamt 2.889 Einwohner pro Quadratkilometer hat).
Copyright-Informationen: Text
und Bildinformationen aus "Festschrift zu "725 Jahre Schönefeld 1270-1995", aus
dem "Stadtteilportrait" und der Broschüre "Schönefeld, eine historische und
städtebauliche Studie" von Pro Leipzig e.V. |